Zur Teilschichtigen Tätigkeit der Mutter bei Ganztagsbetreuung des Kindes
OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17.12.2013 – II-1 UF 180/13,
Sachverhalt
Die Beteiligten haben im Oktober 2006 geheiratet, im März 2008 wurde der gemeinsame Sohn M geboren. Nachdem sich die Eltern Anfang 2011 getrennt haben und die Ehe im weiteren Verlauf geschieden worden ist, verblieb der Sohn bei der Mutter. Diese war weiterhin mit 25 Wochenstunden erwerbstätig. Die örtlichen Angebote ermöglichen eine Kinderbetreuung bis längstens 17.00 Uhr, eine Vollschichtige Tätigkeit der Mutter würde dazu führen, dass diese erst nach 19.00 Uhr zu Hause sein würde.
Im Rahmen des Scheidungsverbundverfahrens wurde der Mutter ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt zugestanden. Gegen diese Entscheidung legte der Vater Beschwerde ein.
Rechtlicher Hintergrund
Nach der Ehescheidung ist jeder Ehegatte gem. § 1569 BGB grundsätzlich verpflichtet, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Von diesem Grundsatz wird abgewichen, wenn ein Ehegatte nach den §§ 1570 ff. BGB unterhaltsberechtigt ist. Hierbei kommt – zumindest wenn Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind – dem Anspruch auf Betreuungsunterhalt nach § 1570 BGB die größte Bedeutung zu. Grundsätzlich steht dem betreuenden Elternteil ein Unterhaltsanspruch für drei Jahre nach der Geburt des Kindes zu. Dieser wird im Einzelfall verlängert, dabei stehen die Belange des Kindes im Vordergrund. Erfordern diese eine längere Betreuung, so besteht der Unterhaltsanspruch fort. Je nach Einzelfall, insbesondere nach den örtlichen Betreuungsmöglichkeiten kommt jedoch eine teilschichtige Tätigkeit des Betreuenden in Betracht. Das erzielte Einkommen ist unterhaltsrechtlich relevant.
Die Entscheidung
Das OLG führt aus, dass von der Kindesmutter unter Berücksichtigung der Betreuungsbedürfnisse des M keine weitergehende als die tatsächlich ausgeübte Erwerbstätigkeit im Umfang von 25 Wochenstunden zu verlangen sei.
Ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt könne sich auch dann ergeben, wenn und soweit die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten unter Berücksichtigung des konkreten Betreuungsbedarfs trotz der ganztätigen anderweitigen Betreuung des Kindes noch eingeschränkt ist. Bei der Prüfung, ob die neben der Erwerbstätigkeit zu leistende Betreuung und Erziehung des Kindes zu einer überobligationsmäßigen Belastung führt, sei auch zu berücksichtigen, dass am Morgen oder am späten Nachmittag und Abend regelmäßig weitere Erziehungs- und Betreuungsleistungen zu erbringen sind, die je nach dem individuellen Betreuungsbedarf des Kindes in unterschiedlichem Umfang anfallen können. Die Billigkeitsabwägung nach § 1570 BGB lasse Raum für eine Einbeziehung dieses Umstands unter dem Gesichtspunkt einer gerechten Lastenverteilung zwischen unterhaltsberechtigtem und unterhaltspflichtigem Elternteil im Einzelfall.
Aufgrund der örtlichen Betreuungsmöglichkeiten wäre die Betreuung des Sohnes bei einer vollschichtigen Tätigkeit der Mutter nicht gesichert. Auch bedürfen Kinder im Alter des M nach Verlassen der Ganztagseinrichtung noch der Betreuung durch einen Elternteil. Der Mutter müsse, um eine gerechte Lastenverteilung zwischen den Beteiligten zu gewährleisten, ein gewisser Spielraum für Arztbesuche, Behördengänge, Einkäufe sowie Haushaltsarbeit belassen und ihr ermöglicht werden, sich nach der Heimkehr von der Arbeit persönlich dem Kind zuzuwenden.
Fazit
Das OLG Düsseldorf hat erneut die Bedeutung einer ausgewogenen und auf den Einzelfall abgestimmten Entscheidung hervorgehoben, die die Belange der gemeinsamen Kinder berücksichtigt. So gilt zwar nach der Ehescheidung der Grundsatz der Eigenverantwortung. Ist jedoch ein Elternteil wegen der Betreuung eines gemeinsamen Kindes hieran gehindert, so steht diesem ein Unterhaltsanspruch zu. Gleichzeitig hat das OLG erneut betont, dass die Kinderbetreuung eine zusätzliche Leistung ist, die der Betreuende neben seiner Berufstätigkeit erbringt, sodass diese einer vollschichtigen Tätigkeit im Einzelfall entgegenstehen kann. Eine teilschichtige Tätigkeit kann geleichwohl im Regelfall erwartet werden.
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