Kündigung des Vermieters wegen Streit mit dem Mieter
BGH, Urteil vom 04.06.2014 – VIII ZR 289/13
Sachverhalt
Der Beklagte hat seit Juli 2006 ein Haus der Klägerin angemietet. Im August 2012 suchte die Klägerin den Beklagten nach entsprechender Vereinbarung auf, um die nach Mietbeginn installierten Rauchmelder in Augenschein zu nehmen. Im Rahmen dieses Besuchs versuchte die Klägerin dann allerdings auch weitere, nicht mit Rauchmeldern versehene Räume gegen den Willen des Beklagten zu betreten und das gesamte Haus zu besichtigen. Sie öffnete dabei ein Fenster und nahm Gegenstände von der Fensterbank. Der Aufforderung des Beklagten, das Haus zu verlassen, kam die Klägerin nicht nach. Daraufhin umfasste der Beklagte die Klägerin mit den Armen und trug sie aus dem Haus. Wegen dieses Vorfalls erklärte die Klägerin die fristlose und hilfsweise die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses.
Die auf diese Kündigung gestützte Räumungsklage war vor dem Amtsgericht erfolglos geblieben. Auf die Berufung der Klägerin hatte das Landgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den dem Räumungsantrag stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte sein Klageabweisungsbegehren weiter.
Rechtlicher Hintergrund
Nach § 532 Abs. 1 BGB kann jede Partei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt dann vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
Die Voraussetzungen der ordentlichen Kündigung liegen niedriger. Diese Kündigung unter Berücksichtigung der jeweiligen Kündigungsfristen ist für den Vermieter gem. § 573 Abs. 1 BGB dann möglich, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Dieses berechtigte Interesse wird in Abs. 2 definiert und ist unter anderem dann gegeben, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.
Während der Mietzeit steht dem Mieter das Hausrecht zu. Allein er bestimmt, wer sich wann in der Wohnung aufhalten darf. Jeder, der die Wohnung ohne Erlaubnis des Mieters betritt oder sie trotz Aufforderung nicht unverzüglich verlässt, begeht Hausfriedensbruch. Das gilt auch für den Vermieter: während des laufenden Mietverhältnisses hat er grundsätzlich kein Recht auf Zutritt zur Wohnung, nur um dort mal nach dem Rechten zu sehen.
Die Entscheidung
Der Bundesgerichtshof hat der Revision des Beklagten stattgegeben und die Räumungsklage abgewiesen. Die Voraussetzungen einer außerordentlichen fristlosen, aber auch einer ordentlichen Kündigung seien nicht erfüllt.
Für die Beurteilung, ein Verstoß des Mieters gegen seine „vertraglichen Pflichten“ vorliegt oder der Vermieterin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses zumutbar ist, müssen die gesamten Umstände berücksichtigt werden.
Im vorliegenden Fall hat sich die Klägerin selbst pflichtwidrig verhalten, indem sie das Hausrecht des Mieters missachtete. Die Parteien hatten verabredet, dass die Klägerin –lediglich- die Räume mit den angebrachten Rauchmeldern in Augenschein nehmen sollte. Zu einer weiteren eigenmächtigen Besichtigung war die Klägerin nicht berechtigt.
Nach alledem trug die Klägerin zumindest eine Mitschuld an dem Geschehen, der Beklagte war zur Notwehr berechtigt. Selbst wenn er mit dem „Hinaustragen“ der Klägerin die Grenzen erlaubter Notwehr – wie vom Berufungsgericht angenommen – (geringfügig) überschritten haben sollte – wäre dies jedenfalls keine derart gravierende Pflichtverletzung dar, dass der Klägerin deshalb die weitere Fortsetzung des Mietverhältnis nicht zugemutet werden könnte (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB). Auch von einer Vertragsverletzung von einem Gewicht, das ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietvertrags rechtfertigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB), kann unter diesen Umständen nicht ausgegangen werden.
Das Landgericht hatte noch die Auffassung vertreten hatte, der Beklagte hätte erst mit einer Anzeige drohen müssen und die Klägerin allenfalls „hinausdrängen“ dürfen.