Nutzungsausfall: Dem Geschädigten stehen grundsätzlich fünf Tage Prüfungsfrist zu
Nach Verkehrsunfällen ist im Rahmen der Regulierung häufig der Nutzungsausfall- bzw. Mietwagenzeitraum streitig. Während Versicherungen sich auf die Schadensminderungspflicht (folgt aus § 254 BGB) berufen und Verletzung dieser wittern, wenn nicht umgehend die Reparatur eingeleitet wird, gesteht die ständige Rechtsprechung dem Unfallgeschädigten eine Prüfungsfrist zu. Zum zeitlichen Umfang dieser Prüfungsfrist nahm kürzlich das AG Hamburg-Wandsbek mit Urteil vom 13.11.2013 (Aktenzeichen: 7112 C 114/13) Stellung.
Sachverhalt
Der Kläger erlitt am 28.07.2012 einen Verkehrsunfall, infolge dessen das Fahrzeug nicht mehr fahrtüchtig bzw. verkehrssicher war, und ließ am darauf folgenden Montag (30.07.2012) ein Sachverständigengutachten über die Schadenshöhe erstellen. Dieses wurde am Folgetag (31.07.2012) erstellt. Der Reparaturauftrag wurde erst am 07.08.2012 erteilt, die Reparatur wurde in der Folge am 20.08.2012 abgeschlossen, sodass ein Nutzungsausfallzeitraum vom 28.07. bis 20.08.2012 (= 24 Tage) bestand.
Die Versicherung erkannte hiervon lediglich 17 Tage an und kürzte um den Zeitraum 01. bis 07.08., da der Kläger den Reparaturauftrag spätestens nach Gutachtenerstellung hätte erteilen können. Das Gericht gab dem Kläger insoweit vollumfänglich recht und erkannte den kompletten Ausfallzeitraum an.
Rechtliche Analyse
Das Gericht stellte zunächst klar, dass der Zeitpunkt der Gutachtenerstellung (31.07.2012) nicht der Zeitpunkt der Kenntnisnahme für den Geschädigten ist. Unter Zugrundelegung der üblichen Postlaufzeiten (3 Tage) ging das Gericht von einem Zugang am 03.08.2012 aus. Etwas Gegenteiliges hätte die Versicherung beweisen müssen.
Auch nach Eingang des Gutachtens beim Kläger, musste dieser nicht sofort den Reparaturauftrag erteilen. Dem Geschädigten steht nach einem Unfall ein Wahlrecht zu, wie der Schaden auszugleichen ist. Hierzu ist ihm eine angemessene Überlegungsfrist einzuräumen (siehe auch LG Bonn, Urteil vom 05.06.2012, Aktenzeichen: 8 S 84/12). Hinsichtlich der Länge dieser Prüfungspflicht orientiert sich das Gericht an der Entscheidung des AG Wiesbaden vom 11.07.2012 (Aktenzeichen 92 C 224/12), welches fünf Tage für angemessen erachtet. Die vier Tage im vorliegenden Fall (03.08. bis 07.08.2012) waren daher nicht zu beanstanden.
Das Gericht wies ausdrücklich darauf hin, dass dies auch gelte, wenn die Schadenshöhe weder den Wiederbeschaffungswert noch den Wiederbeschaffungsaufwand (= Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) übersteige. Geschützt wird die Dispositionsfreiheit des Geschädigten.
Fazit
Eine wichtige Entscheidung, welche die Überhand nehmende Kürzungspraxis einiger Haftpflichtversicherer in die Schranken weist. Sollten Sie Ansprüche aus einem Verkehrsunfallereignis haben, so wenden Sie sich an unsere auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwälte, damit Ihre Forderungen bestmöglich gegenüber den Versicherern durchgesetzt werden können. Wir beraten Sie gerne vom Unfalltag an über ein rechtlich einwandfreies Vorgehen.